Hallo zusammen!

HANS MOSER. Der Überzeugungstäter.

Langer Nachruf auf einen ziemlich kurzen Abschied.

Gemessen an der Schnelligkeit, mit der er gelebt hat, blieb er überraschend lange bei uns. Während meiner ersten Begegnung mit ihm unterschrieb er irgendein Formular, damals in der Dammstraße in Hannover-Vinnhorst, und ich dachte „Vorsicht“, denn so charakteristisch diese Signatur war, so maßlos war sie gleichzeitig. Doch weil er viel, ungeheuer jovial, aus tiefstem Herzen heraus und mit der gleichen Maßlosigkeit lachte, mochte ich ihn sofort. Und sowieso war er einer der ganz wenigen mir bekannten Menschen, die genauso viel rauchten wie ich. Das verbindet. Wir konzipierten „Lovers“, das etwas anspruchsvollere explizite Magazin. Es sollte „Sweet Little 16“ & Co. ergänzen. Keine Sorge: „16s“ waren mindestens 18. Das Treffen datiert aus 1984.

Maß und Mitte blieben Moser fremd. Wo er war, musste gefälligst vorn sein. Punktum. Was zu geschehen hatte, duldete keinen Aufschub. Hans, der Workomaniac, konnte nie akzeptieren, dass sein Umfeld Pausen brauchte. Nolens volens fand er sich damit ab. Vier Angestellte arbeiteten zu dieser Zeit in der Litho, einer im Lichtsatz. Sie hatten die unangenehme Eigenschaft, sehr regelmäßig nur 40 Wochenstunden präsent zu sein. Ab und an murmelte einer was von Gewerkschaft, Hans griff dann, sofort in stiernackige Angriffshaltung übergehend, verbal zur Guillotine. Der Mitarbeiter J. wagte sich am weitesten vor, gar fast physisch konfrontativ. Zum Äußersten kam es nie: J. konnte richtig was. Und er war schon in kargen Zeiten bei Hans, als der sich noch mit weniger epochalen Titeln (m. E. „Pissy“) über Wasser hielt und nicht gegen das Geldverdienen wehren musste. Können und Treue hat Moser immer respektiert, Durchschnittlichkeit brachte ihn in Rage. Vice versa strichen alle ein deutlich überdurchschnittliches Salär ein. Ich nannte es die „Schmutzzulage“.

Das kongeniale Teamplay mit Teresa, die er als Marke Foxy Lady erfand und definierte, bevor er begriff, dass er wie des Dichterfürsten balladesker Zauberlehrling diesen einmal gerufenen Geist nicht mehr loszuwerden vermochte, war befristet. Und es dauerte doch lang genug, um das Genre seinerzeit regelrecht zu pulverisieren. Moser wurde zum Leuchtturm, stilbildend, kompromisslos, revolutionär. Der Umzug in die Wohlenbergstraße bedeutete den Quantensprung in eine zumindest europaweit ungekannte Dimension: Neubau mit einem Hauptstudio, das das zeitgenössisch größte Einzelstudio des ZDF übertraf, dazu die von lokalen Medien wie von Fachmagazinen gefeierte modernste Lichtanlage der Welt, sündteure Ikegami-Standkameras, Intercom für den Staff, eine topmoderne Kopierstraße, eigene Kantine..., und alles nur, um jene vollumfänglich zu beglücken, die im Boom-Age der Videotheken erwartungsvoll das Adult-Angebot durchkämmten, um daheim bis zur Besinnungslosigkeit zu keulen. Ja, Deutschland und Umgebung, man glaubt es kaum, waren damals festgefügtes Terrain der Carnivoren. Nur visuell natürlich. 1987 waren alle Schwanzträger den Magnetbändern rettungslos verfallen. Goldrausch für Produzenten. Konkurrenten drehten sogenannte Privatvideos, über die der elegante Gentleman der Branche, Werner R. aus H., der recht anspruchsvolle Plots auf 35 mm vormals kinofähig gemacht hatte, gerne urteilte: „Wer, wie ein Mitbewerber aus Stuttgart, Amateur-Privatvideos dreht, macht das, weil er nichts anderes hinkriegt.“ Doch aus dem Exempel der Stuttgarter Olgastraße heraus entstand ein Sub-Genre, das später noch ganz andere Blüten („Sonderklassen“) trieb. Irgendwann hatte das Publikum die allzu gelackten Streifen satt. Man mochte keine güldenen Dildos mehr sehen. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

Der örtliche Banker gab sich gern die Ehre. Offiziell und privat. Silvester beim großen Ball von Hans & Teresa? – Aber ja doch: Wer seine Kredite so gnadenlos pünktlich bedient, kann nicht unseriös sein, dem Sujet zum Trotz. Das Finanzamt frohlockte ob des bombensicheren Steuerzahlers. „Je exotischer dein Job ist, desto korrekter musst du deinen Verpflichtungen nachkommen“, kommentierte Moser. „Die meinen, bei uns ginge es über Tische und Bänke. Und wenn sie mal rundkommen, schon der Neugier halber, wundern sie sich, dass sie einen mittelständischen Betrieb vorfinden. Mit fünfzig Leuten Personal. Erstaunlicherweise alle angezogen. Da sind sie total desillusioniert. Das lindern wir dann mit einer Warenprobe. Über die können sie sich die Chefin, mit der sie eben noch so nett oder hart oder beides verhandelt haben, etwas genauer reinziehen.“ Nun, Teresa hatte nichts dagegen. Schamgefühl war eine Vokabel, die ins radikalkatholische Polen gehörte. Ihre Heimat. Oder Abkunft, wie man ́s nimmt. Gerne wurde kolportiert, sie hätte sich dort jobseitig der Fleischbeschau hingegeben. Gegen Keime und so. Auf dass die Epigonen des Monstranz- schwenkenden Katholizismus gesund blieben und nichts Ungehöriges in die „Yano“-Dose käme, wegen der Verträglichkeit des Schweinefleischs im eigenen Saft. Ganz unrichtig war diese Station ihrer Vita nicht beschrieben. Und markierte irgendwie einen organischen Übergang in ihr neues Wirken, das sie zunächst als Wasserstoffperoxid-Bombe in Angriff nahm, bevor sie in gewisser Weise zum Dunkel und sich selbst zurückfand. Jahre vorher, beim ersten Business-Meeting mit beiden im Stuttgarter Hotel Graf Zeppelin, hatte ich Teresa mit „Frau Orlowski“ begrüßt. „Moserrr bitte, Moserrr!“, hauchte sie mir damals Odeur- schwanger nicht ganz akzentfrei und korrigierend ins Ohr. Orlowski, dieser durchaus respektable Name, war für sie mindestens so weit weg wie Polen. Und, ja, Hans Moser pflegte seine Galions-Damen gerne zu heiraten.

Viele Paladine nickten angesichts des sensationellen VTO-Erfolgs beifällig. Überdies lud die ikonische, ehemals fliegende Grande Dame in Flensburg, jene mit dem Hygiene-Artikel-Imperium, vor der Moser sich innerlich respektvoll tieftauchend verneigte, zum ungezwungenen Kaffeekränzchen. Es war fast ein Ritterschlag. „Hoppla, jetzt komme ich!“, mochte er gedacht haben, der noch blonde, schon schüttere Hans.
Cast und Crew ließ Hans gern aus den USA kommen, obwohl die Billigflüge noch nicht erfunden waren. Manche brachten kleine Geschenke mit, und es ist nicht ganz ausgeschlossen, dass er einen der US-Boys schon deswegen gern besetzte, weil der Original-amerikanischen Käsekuchen im Gepäck hatte. Vollfettstufe, yam yam. Gedreht wurde im O-Ton. Alles andere wäre auf dem führenden US- Markt nicht absetzbar gewesen. Synchronisiert wurde für Deutschland. Was das Synchronstudio J. als Regelgage einstrich, reichte ein knappes Jahrzehnt später für zwei komplette Filme. Job hatte Vorrang. Zum Finale der Fußball WM 1986 war jeglicher Seitenblick auf Deutschlands Fight gegen Argentinien untersagt. Es gelang dem Verfasser nur mit subversiver List, einen nach heutigem Maßstab völlig vorsintflutlichen Schwarzweiß-Antennen-Portable auf den Set zu schmuggeln. Das streifige Bild lief tonlos. „Get ready, quiet please, roll tape...and – action“: Bumsen statt Ball war Bürgerpflicht. Der deutsche Gastdarsteller Rainer A. geriet über die damals noch fast als extrem empfundene Paarung mit einem Shemale in Verzückung. „Rainer“, so Moser, „Rainer geht auf alles, was sich bewegt“. Und wer jetzt meinen würde, dies sei eine politically inkorrekte Äußerung über eine Transsexuelle, muss wissen, dass Hans ihr die Honneurs machte: „You ́re the most tempting woman here.“ Er meinte es auch so. Deutschland unterlag 2:3, der Film allerdings stand. Dass die Arbeitsgeräte der Protagonisten sicher standen, hing übrigens mit der Bootcamp-Atmosphäre zusammen: Die Hotelzimmer waren so gebucht, dass horizontale Rudelbildung im Domizil so gut wie unterbunden wurde – in der Vor- Viagra-Ära eine notwendige Versicherung gegen Versagen an Produktionstagen. Der Production Manager aus Düsseldorf war angehalten, ordnungsgemäße Nachtruhe ganz wie im Schülerheim mehrfach zu kontrollieren. Er tat dies, nach eigener Aussage, mit der Verlässlichkeit eines deutschen Schäferhunds. Und meinte es keineswegs braunhemdig, sondern nur treu ergeben. Hans freute es. Obwohl Joey Silvera, Tom Byron, John Leslie, „Pipeline“ Frank James und Konsorten ohnehin professionell ihre Nachtruhe suchten; der Tages-Transport zum Set mit 200 km/h plus über den Westschnellweg (yes, das ging gesetzeskonform!) war für sie weit orgastischer. Nur Kaliber wie Sharon „Mitch the Bitch“ Mitchell mussten von Disco, privater „Stellungnahme“ und kleinen Beschleunigern abgehalten werden. Trotzdem (oder deshalb?) musste man Sharon mögen. Im „Sugar“ war sie eine Attraktion.

Die meisten Amis konkurrierten eher ungern mit den Franzosen. Die „Musketiere“ wippten fast auf Kommando mit voll ausgefahrenem Frontspoiler. JPA, Christophe, Yves, Franck, vorher „Gabi“ Pontello, später Jocelyn: Die dauerhaltbare Fremdenlegion zelebrierte, zementierte die deutsch- französische Freundschaft, sie hätte kaum inniger sein können. Zwei Italiener wurden ebenfalls zum Angstgegner mancher Abkömmlinge der Stars-and-stripes-Nation. Der eine sah fast obszön gut aus (Teresa: „Was für ein Mann, was für ein Glück für die Branche. Und was für ein...“ – naja, lassen wir das), den anderen, Roberto, nannte ich „Ursus“, weil er so bärig rüberkam, lieb wie ein Teddy, ebenso kraftstrotzend. Ersterer hieß Rocco und konnte nur so heißen, wenn die Virilität aus jeder Pore knallt und du andererseits eine Visage hast, mit der man eben nur Zuhälter oder Schauspieler werden kann, halt wie Alain Delon. Oder Top-„Darsteller“. Falls untenrum richtig Hubraum ist. Rocco war V8, Big Block. Einige Gringos eher wie du und ich. Das kann ja auch ganz tröstlich sein...

Und die Frauen, die ja doch das Elysium für die alleinübenden Herren vorm Bildschirm darstellten? Nur so viel: Eine Ode an sie würde Bände füllen. Der Autor fühlte sich bei Close ups gewiss nicht, sorry, liebe Charlotte Roche, die du womöglich in deinem Ringen mit dem Staubsauger doch unbewusst ein wenig abgeschrieben hast, an „Feuchtgebiete“ erinnert, sondern wenigstens, schon damals umweltbewegt, an „Feuchtbiotope“, jedoch viel öfter an ein Filet bleu (wie wunderprächtig doch die Welt in Pink sein kann), selten, als ultimative begriffliche Climax, ans Portal einer gotischen Kathedrale. Man konnte, musste sie anbeten, die Frauen, nicht nur frontal, sondern auch von hinten besehen. Falls es einen Gott gibt, hat er sich fünfeinhalb Tage am weiblichen Hintern verausgabt. Samt Endrohr. Es allein wäre eine interstellare Widmung wert (Teresa hatte so ein Elastoflex.... – aber lassen wir auch das). Sämtlicher Rest, von der Amöbe bis zum Primaten, der ganze botanische Kram, die Plattentektonik und so, das ging dann schnell. Am siebten Tage beäugte der Himmels-Capo daraufhin beglückt sein Wirken aus den ersten fünfeinhalb und gedachte zufrieden zu ruhen.

Für Teresa wurden eigens Songs komponiert, auf Vinyl und Cassette gezogen. Mit dem „Videostar intim“ hatten sie und VTO ein unlimitiertes Männer-Magazin im Kiosk-Standardformat als Sprachrohr. Aufwendig produziert, vorausindiziert, doch auf Nachfrage für Erwachsene fast ubiquitär erhältlich. Darin auch jede Menge Video-Rezensionen. Der Verfasser, am Objekt nicht total unbeteiligt, focht mit Hans so manchen Strauß ob der Bewertung aus. Eine gewisse Parteinahme für Eigenprodukte ließ sich nicht wirklich ausschließen. Einmal intervenierte Uhse. Das war gar nicht gut. Es gab in der nächsten Ausgabe einen Stern mehr. Hmmm.

Bei VTO, diesem bis hin zur schlagkräftigen Vertriebsorganisation faszinierenden Moser- Gesamtkunstwerk, den Leitwolf zu geben, ohne es eigentlich vom Naturell her zu sein, wie er in einer schwachen und wahrhaftigen Stunde konzedierte, zermürbte Hans. Die Niederlage gegen Lady Macbeth, sie wirkte ewig nach: Teresa hatte realisiert, dass sie Boss einer eingetragenen Einzelfirma – sehr unüblich angesichts des Jahresumsatzes – war. Ihre Unterschrift autorisierte alle rechtswirksamen Zahlen. Als es zwischen beiden knirschte, wurde Hans gefriergetrocknet abserviert. Ein Koffer mit Textilien hatte für den Neustart zu genügen, basta.

Nach dem Schock bewies Moser Nehmerqualitäten und erneut unausrottbaren Gründergeist. Nach wenigen Monaten begann sein Projekt Zwo Gestalt zu gewinnen: Sarah Louise Young. Erst mit SYC („C“ für „Communications“) schuf er jenes Trademark, mit dem sich seine exemplarische Ästhetik in den 90ern zur Perfektion entwickelte. Sarah war kein bisschen foxy, doch ebenso akkurat, verlässlich, stets wie aus dem Ei gepellt wie Teresa. Deren messerscharfer Präsenz, Disziplin, Konsequenz setzte Sarah nonchalante Natürlichkeit entgegen. Moser hatte diese verkaufsträchtige Komponente beizeiten erkannt. Statt des Vollweibs nun also ein zunächst eher unbedarft, beinahe schüchtern wirkender „Star“. Sarahs dezente Zurückhaltung bestach, ihre geistige Reife trotz der jungen Jahre entwaffnete. Sie wurde so ebenfalls zum Fan-Artikel. Das zarte Rosa des vom „Page-3-Girl“ in Liga 1 aufgestiegenen Sternchens changierte alsbald ins satte, vitale Rot. Hans hatte untrüglich gespürt, dass sie wusste, was sie wollte. Das verfolgte sie mit der Unkippbarkeit des Familienhunds George, ein Basset, dramatisch tiefer Schwerpunkt, renitenter Wille. Sarah erfand sich neu. Auch als Frau Moser No. 4. Angetraut, natürlich!, in Vegas. Tja, so ein kerzengerader deutscher Pornograph musste in Vegas heiraten. Mit dem ganzen Bling-Bling, Pappmaché, leiernder Musik und so. Elvis has just left the building.

Ich erinnere mich, dass es, nach lockerem Hinstreuen einiger Bucks und hernach beflissener Mithilfe des Bell Captains im Caesars Palace, problemlos gelang, für Hans einen präsentablen Leasing-Suit samt Zubehör zu organisieren, und endlich klappte auch der Lincoln zur standesgemäßen Vorfahrt. Der hatte nur einen winzigen Makel: „Ich will kein Auto, in dem Leute umhercruisen, die gerade ihre Verwandten tieferlegen lassen. Ich heirate. Also bitte ein weißes Auto, keins in Raucherlungen- Pastell.“ Hans bekam seine weiße Kalesche. Alles prima also? Nö.

Weil, wir sind ja gewissermaßen live bei „Moservision“, die Hochzeit videographiert wurde, galt es, einige Takes zu überstehen. Roy B. (Roy war ein reichlich cooler britischer Hund mit Domizil in Vaduz und, warum auch immer, Hans ́ Executive Director des Vertrauens) antwortete in typisch insularem Understatement auf besorgte Rückfrage des mietgekleideten Galans, dass der Boom-Man wohl leicht schläfrig geworden sei und dessen Ton-Angel gravitationsbedingt dann irgendwann die Totale doch „geringfügig verdunkelt“ hatte. Da capo also.
Nun denn: Der Verantwortliche in der Kapelle (wenn ich mich nicht irre „Little Chapel of the West“) musste etwas massiert werden, weil ja sein ganzer Wedding-Time Table in Unordnung kam, die musikalische Begleitung erschien gefühlt noch leieriger, die Hochzeitsgäste in Jubel und Mimik weniger spontan, und der Galan overactete (klar: raus aus der blöden Kapelle, endlich wieder rauchen!) etc.

Als es dann vollbracht war, galt es andernorts für die nächste Klappe, die Braut über die Schwelle zu tragen. Roy, Mosers Pefektionismus ́ in vorauseilendem Gehorsam exzessiv huldigend, drang auch hier auf Wiederholung. Hans trug somit final schwer an der eigentlich bis auf den in einem Pöseldorfer Fachinstitut getunten Balkon doch lobenswert leichten Sarah. Lange hatte er nicht mehr so in den Knien gefedert. Viva Las Vegas. Anyway: Sarah behielt tadellose Contenance, Hans seinen Humor. Beim Breakfast tags darauf verwies er auf die Frage nach seinem Ungestüm in der Hochzeitsnacht staubtrocken auf die physische Performance der epischen Film-Arie: „Oh, oh, I think, I ́m not so much in the sex-business anymore.“ Alle lachten, besonders Roy. Dem musste man ja auch nicht unbedingt zutragen, dass seine mitgereiste Gattin slippery enough war für ein scharfes Intermezzo im Minivan. Such is life in Vegas. Sometimes you win, sometimes you get Coke without Bourbon... Es erinnerte mich an die vorsorglich aufgestellten Putzkolonnen-Schilder, „Caution: slippery, when wet.“

Alrighty, back to Hans & Sarah: Die Connection währte nicht ewig. Doch, siehe oben, lange genug... Der Production Manager war übrigens, nach mehrfachen Umbesetzungen, mittlerweile ein Schotte. Er hieß Murray, und sein Lieblingswort war „doublecheck“. Murray doublecheckte alles. Mit der Akribie eines stets wachen Border Collies. Übrigens, der Leser wird es antizipieren, auch die Einhaltung der Bettruhe im Logis. Murray verwaltete den Etat komplett whiskyfrei, dafür sprichwörtlich schottisch. Hans mochte Doublechecking.

Moser und Technik, das ging stets zusammen. Keine Kamera oder Satzmaschine, kein Schnittplatz, Bildkorrektur-Projektor, die er nicht notfalls selbst bedienen konnte; keine Software, Implikation, Online-Anwendung, die ihn überfordert hätte. Im Gegenteil: So beschleunigt die Zeitläufe auch waren, manches ging ihm in seiner permanenten Ungeduld eher zu langsam. Allein als Art Director oder Fotograf hätte er locker professionelle Achtung und sein Auskommen gefunden. Doch warum auf einer einzigen Hochzeit tanzen? Das ist was für Menschen, die nur zwei Beine haben.

Hans blieb Getriebener. Arbeitssüchtig, sexsüchtig, egomanisch, eitel, charismatisch, cholerisch, eloquent, polarisierend, charmant, prätentiös. Und doch – in den Gegensätzen schließt sich bekanntlich der Kreis – seltsam bescheiden. Stets auf der wunderbar spießigen Suche nach geordnetem Familienglück, das ihm nur unvollkommen zuteil wurde, weil er die Partner- und Vaterrolle im Skript des Lebens beständig zu frei und sperrig interpretierte; nach befriedigender Lebensgemeinschaft und aufrichtiger Liebe, die nicht sein konnte, weil er Ja-Sagerinnen wollte und manch dann überraschend komplexes Wesen mit ziemlich eigenem Willen vorfand. – Frauen, die nicht nur vorm Spiegel stark waren, eben Persönlichkeiten statt wachsweich formbarer „Produkte“.

Halbwegs altersgerechte Begleiterinnen blieben ihm spätestens ab seinen Fünfzigern abhold: „Ich mag kein altes Fleisch“, sagte er, und entblödete sich nicht, dies selbst dann kundzutun, wenn Damen am Tisch saßen, die diesen verbalen Tort durchaus auf sich beziehen konnten. Doch gelang es ihm, sich mit zwei, drei salopp-entschuldigenden Sätzen aus der Affäre zu ziehen.

Mit größter Selbstverständlichkeit und ohne sich dabei zu verbiegen, keuchte er mit seinem besseren Krankenfahrstuhl die Berge im spanischen Denia hinauf, haderte keineswegs damit, dass er, der ewig Führerscheinlose, vormals lange genug in teuren Vielzylindern chauffiert worden war. Wenn sich das Sirren des Elektro-Minimalwägelchens bei mehr als 5% Steigung zum bedenklich niederfrequenten Surren wandelte, die Fuhre in Kehren fast zum Stillstand kam, fand er sich selber komisch. Mochten andere dieses fast groteske Szenario als ehrenrührig empfinden: Ihn focht es nicht an. Das Wagnis, ohne Lappen am Volant erwischt zu werden wie ehemals im Buick Regal oder mit seines Bruders Manta zu Zeiten der „Fleischtransporte“, also unlauter über die Grenze geschleuster Druckwaren oder eingedoster Filmkunst (Stichwort „Super 8“!), als in Deutschland noch Zensur herrschte, während Skandinavien längst frei durchatmete, ging er nicht mehr ein. Ach ja, Denia: Denia folgte auf Mallorca und das wiederum auf Ibiza. Auf Mallorca war Hans erneut zum Wiederholungstäter geworden: Gattin Nummer fünf hieß Ina. Die Optik fürs Business hätte sie schon gehabt, doch Kamera-Rotlicht und publizierter Körperkontakt... – lieber nicht, so viel überredende Kreide konnte selbst Wölfchen Moser nicht gefressen haben. Und, richtig vermutet: Es hielt nicht gar so lange.

Der Ambivalenz des unkalkulierbaren Extremisten (nur extreme Menschen vermögen aus dem Nichts heraus ein kleines Königreich zu errichten, ohne es allerdings erhalten zu können) blieb Hans treu, bis zuletzt. Phasen des Gipfelstürmens und Jauchzens konterkarierte er mit solchen manischer Depression. „Barfuß oder Lackschuh“, das Juhnke-Dogma, es hätte seine prominenteste Devise sein können, auch wenn er, der chronische Kettenraucher, nie soff. Auf der Berliner Venus-Messe, damals neuer Leitstern der Branchen-Selbstbespiegelung, erhielt er den Award fürs Lebenswerk. Manch Verantwortlicher, auch der Verfasser, befürchtete, damit einen regelrechten Sprengsatz nominiert zu haben. Doch Moser hielt sich artig ans Protokoll, bedankte sich honorig, geschliffen, angenehm kurz, ohne jede Fehlzündung. So war er: eher extrovertiert als unaufdringlich, aber letztlich im besten Sinne konventionell. Wenngleich es in vielen Jahren aufs Geld nicht ankam, gab er nie den allzu vorlauten, peinlichen, Scheine um sich werfenden Zampano; so viel Anstand war dem aus kleinen Verhältnissen stammenden Banater Schwaben Moser immer geblieben.

Legendär seine sogenannten Vorträge, nahezu filibusternde Selbstdarstellungen. Gemeinerweise kamen sie nie ohne locker eingestreute Aperçus aus, womit er die geneigte, teils einzunicken drohende Zuhörerschaft doch noch für sich einnahm. Was er der Branche prioritär gegeben hat, ist heute zu unrecht völlig vergessen: Identifikation. Keiner vor ihm hatte sich mit solch offensiver Inbrunst zum sozusagen humanen Naturfilm bekannt, öffentlich, rücksichtslos, auf Podiumsdiskussionen, im TV. Moser ebnete den Weg. Es war eine Ironie des Schicksals, dass gerade er, mit seinem Potential zum Tycoon, nie zum kontinuierlichen Leben auf dem Olymp der Erotographie fand. Als alle Vorzeichen dem Technik-Freak, Internationalisten, Protagonisten des Webs in die Hände spielten, überdrehte er den Zauberwürfel: Hans blieb so tricky, dass er sich regelmäßig selbst ein Bein stellte. Triumphator und Tragöde in Personalunion. Beständig nur in der Unbeständigkeit. Zur Katharsis mit anschließender Konsolidierung des Erreichten kam es nie. Ein kompetitiver Produzent aus der epochal relaxten Donaumetropole Wien befand, auf Moser angesprochen, einmal lakonisch und mit kopfschüttelndem Wohlwollen, man hätte ihm „den Oscar verleihen müssen für sein vertanes Lebenswerk.“ Yip, da war was dran.

Wer Moser nicht wirklich gut kannte, sortierte ihn anhand allzu lockerer, unbedacht aus der Hüfte geschossener oder, gegenteilig, kalkuliert provokanter Sprüche in irritierende Schubladen. Manches hatte einen rassistischen, im Extrem eugenischen Anklang. Es fiel leicht, Hans als retrogressiv oder revisionistisch zu betrachten. Wer klammheimlich noch aus der „Hart-wie-Kruppstahl“-Fraktion stammte (und das sind ja, wie wir wissen, in diesem unseren schönen Deutschland oder, etwas übergreifender, in den deutschsprachigen Ländern, keineswegs so wenige), konnte sich bedient fühlen.
Nur lagen die rettungslos daneben. Denn Hans war einfach ein Freigeist ohne Maulkorb. Sprich: Der Mann sagte, was er dachte, ungeachtet jeder Konvention, bar aller politischen Filter, mitunter verstörend direkt. Klartext halt. Deutschtümelei jedenfalls war ihm völlig fremd. Er war gedanklich immer global aufgestellt, weit bevor die „Globalität“ zum Mode-, später Nullwort wurde. Und deswegen dachte und wirkte er in alle Richtungen, hatte Freunde weltweit. Deren politischer, sozialer, religiöser usw. Hintergrund interessierte ihn nicht. Er guckte Menschen „vor den Kopf“, und wenn ihm jemand mit Rastalocken oder Kippa spannend und echt erschien, schloss er ihn oder sie ins Herz.

Manches war vorgespiegelt, blieb im Sprechblasen-Modus. Mich fragte er vor Beginn einer engeren Zusammenarbeit einmal, ob ich fest gebunden sei: „Ich bevorzuge Mitarbeiter, die geerdet sind und einen Familienbezug haben. Dann haben sie Verantwortung entwickelt und sind beständig.“ Man sah ihm aber, eine gewisse Lebenserfahrung vorausgesetzt, schon an der Nasenspitze an, dass es ihm letztlich völlig wurscht war.

Sein Magnetismus gerade gegenüber klassisch gebildeten Mitmenschen beruhte darauf, dass Moser sich nicht verbog. Dass er nie universitär unterwegs gewesen war in seiner Vita, merkte man schon daran, dass er fälschlich von „a 1“ über „a 2“ usf. durchzählte, statt das „ad“ zu gebrauchen oder, wie es so viele tun, das entlarvende „per anno“ nachplapperte. But: so what! Mosers Englisch hatte über die Jahre dank stetiger Practice einen hochbeachtlichen Stand erreicht (samt Aussprache, lieber Herr EU-Kommissar Oettinger...), sein Französisch war immerhin Basis-vorhanden, sein Spanisch für den Hausgebrauch okay. Nicht so schlecht für einen, der nicht den familiären Background hatte, schulisch einfach nur lernen zu dürfen! Bezüglich Unternehmenskonstrukten und –recht konnte man ihm eh kaum was vormachen: „Ich bin ja komplett durchgespült, zweimal Vor- und Hauptwaschgang und zurück, und ich weiß, welche Wäsche wie rauskommt“.
Über viele Parameter vermochte man sehr wohl festzumachen, dass Hans keine tradierte Bildung erfahren hatte. Wer sich jedoch mit der saturierten Hybris des Bildungsbürgers hoffärtig über ihn stellte, merkte sehr schnell, dass dieser gewitzte, lernbegierige, mit (um ein treffliches österreichisches Wort zu gebrauchen) allem Hausverstand gesegnete Mensch durchaus genug Vermögen und Vigor hatte, uneinnehmbar scheinende Gegner bis hin zu behördlich bestallten (etwa Steuerprüfer) an die Wand zu spielen. Selbst promovierte oder habilitierte. Gelernt hatte er ursprünglich Tischler, eben einen ehrbar-praktischen Beruf, reüssierte dann als Möbelverkäufer, wurde allerdings schnell des Fakts gewahr, dass die Konfiguration von Küchen, Couchlandschaften oder des Innenlebens von Schränken zwar rein mathematisch-vermaßend aufregend sein mag, ansonsten aber, im direkten wie erweiterten Sinne „ungeil“. Im Kopfrechnen (kann ich gut) hatte ich in ihm einen mehr als ebenbürtigen Gegner. Im Schach hätte er mich – wenn er es je gelernt hätte – wohl tiefenentspannt besiegt. Vorsicht vor diesen Tatmenschen also, die nie eine Fortbildung besucht, doch stetige Lebensbildung in sich regelrecht aufgesogen haben. Non scholae, sed vitae discimus. Wenn das Leben uns zu leben lehrt, ist das allemal besser, als zum Halbgott der Interpunktion zu werden oder seinen Kant korrekt, doch blutleer zitieren zu können. Never underestimate Selfmade-men (or –women).

Möglicherweise war seine größte Schwäche jene des Tunnelblicks, der Beratungsresistenz. Bis in die Neunziger hatte er viel Geld ausgegeben für Inspiratoren, die ein gutes Gegengewicht, ein Korrektiv bildeten für die Flut seiner Ideen, doch auf Dauer konnte es manchen schon auslaugen, sich diese zu eigen zu machen, selbst zu durchdenken, gegen die Windmühlen in Hans ́ Kopf zu kämpfen. Als er, erlösbedingt, merklich schrappiger wurde, scharte er schlichte Erfüllungsgehilfen um sich, die zum Gebet erschienen und gerne „Amen“ sagten. Damit war er in seinem gedanklichen Kosmos alleingelassen. Das funktionierte nicht auf Dauer. Hans rotierte nur noch um sich selbst – während ihn parallel die Notwendigkeit zyklischer Aufwendungen von Miete bis Weihnachtsgeschenk zurechtstutzte. Er zog die falschen Konsequenzen, war umgeben von willfährigen Adepten, die bei seinem Erscheinen streng die Hacken zusammenschlugen: Eine übergewichtige Hypothek für die Zukunft – und irgendwann mangels Masse nicht mehr änderbar. Für alle, die ebenso frei dachten wie er, wurde Hans somit zum obsoleten Sonderling. Das ist eben die Crux, wenn man Geist zukaufen sollte und dafür nicht mehr zahlen kann oder will.
Dass ehemalige Begleiter(innen) mit dem, was er einst initiiert hatte, auf Verschleiß fuhren, die Rosinen ernteten und sich z. B. gen Marbella verdingten, mag ungerecht erscheinen. Andererseits war es eine höchst realistische Ausbeutung der Ressourcen, wohingegen Hans Innovation, Kreativität über alles stellte und dabei die nackten Zahlen, die unumgängliche Persistenz doch vergaß: Das Payback hatte zu schnell zu geschehen. Mindestens so zügig wie einst, als bereits die Erstauslieferung eines Titels ihm Erlöse in die Kasse spülte. Ungeduld blieb sein Manko und Trauma. Am Ende hatte er nichts mehr zu verkaufen außer einer gloriosen Vergangenheit.

Dennoch: Man tut gut daran, den streitbaren Senkrechtstarter Moser in Erinnerung zu behalten. Fürs Genre ist er eine historische Figur. Wenn ich an Hans denke, kommt mir eine Art szenische Miniatur in den Sinn: Als er sich, nachts um drei, noch in der Ziegeleistraße in Hannover, über Rückenschmerzen und seinen nervösen Magen klagend, an den Kühlschrank schleppte, ein eiskaltes Sülzkotelett, sozusagen die Inkarnation niedersächsischer Fleischeslust des kleinen Mannes, aus der Packung pellte, um beim Verschlingen dieses kulinarischen Highlights dann am Rechner die finale grafische Form des Labels „SLY“ zu kreieren.
Oh ja, Sue ́s weihnachtliches Minz-Roastbeef auf dem Pico in Ibiza, Inas ukrainische Kalorienbomben auf der mallorcinischen Finca, Stefanies Truthahn im Meerblick-Haus in Denia, schließlich sein tatsächlich selbstgemachtes Gulasch im überschaubaren Hannoveraner Apartment, mundeten ihm ebenso. Vielleicht jedoch war er, mit noch wirrem Haar soeben tatendurstig vor die Tastatur des Apple gerückt, um die Menschheit mit innovativen Variationen typographischen Feinsinns und gehäuteter Filmkunst zu beglücken, mit dem Sülzkotelett-Supper am authentischsten.

Bei unserem letzten Treffen in Kaiserswerth – das NRW-Sturmtief Ela hatte heftigen Regen auf die weißen Blusen der Kellnerinnen prasseln lassen, bevor die verehrten Gäste nachdrücklich nach drinnen beordert worden waren – fragte er die Tisch-Bedienung kokettierend, ob man „den Wet-T- Shirt-Contest“ nun indoor fortsetze. Die meisten anderen wären wegen Mobbings des Lokals verwiesen worden oder hätten gleich eine geschallert gekriegt. Hans, der Dirty Old Man mit seinem schalkhaft-verschmitzten Lächeln, durfte das. Man konnte ihm kaum etwas übelnehmen. Und, by the way: Es gehört viel Traute, Chuzpe, Gambling-Talent dazu, Grenzen herauszufinden, allmählich zu verschieben. Manch einer brüstet sich mit seiner rechtschaffenen Erziehung und blickt vom Everest verkniffener Tugend verachtend hinab. Doch Tugenden sind nicht selten nur Mangel an Gelegenheit oder die Unfähigkeit, selbige buchstäblich beim blonden, brünetten usw. Schopfe zu ergreifen. Wenn du nie flipperst, weißt du auch nie, wie ein Freispiel geht. Und falls du dann, ausnahmsweise mal nicht gehirngesteuert-runtergeregelt, die Kugel zu keck abschießt, macht ́s schon tilt. Jaja, man muss bereit sein, im Fauxpas auf die Schnauze zu fallen, um Limits aufzuheben. Ein lebensechtes Schulfach draus zu basteln für all jene, die nicht nur Vollkasko denken können, wäre keine gar so deviante Idee. Learning by kidding.

Längst war es um Moser ruhig geworden. Die Publicity, die er einst so herbeisehnte, gar forderte und an der er sich auflud wie eine Echse an Sonnenstrahlen, galt gefühlt seit dem Millennium anderer inferiorer Prominenz. Nicht nur, weil er zum Dschungel-Camper, mithin als Kasperle gehirnkranker Gaffer mit Privatsender-Präferenz in der buchstäblich insektenverzehrenden Auffangstation für C- bis Schrott-„VIPs“, kaum getaugt hätte, blieb er in den letzten Jahren ein braver Rentner.

Knappe monetäre Ressourcen und die Sicherheit des deutschen Gesundheitssystems hatten ihn aus Spanien zurückkehren lassen. Nach Hannover, wo er letztlich doch verortet war. Back to the roots. Damit kam er durchaus klar. Die normative Macht des Faktischen eben. Deprimierendes deutsches Wetter war dabei als nicht änderbar in Kauf zu nehmen. Dafür wärmten Zweige der Rest-Familie seine Seele. Man schließt Frieden, wenn man für sich erkannt hat, dass Blut dicker ist als Wasser. Und eine Schwägerin, die, aber hallo!, richtig gut bürgerlich kocht, ist allemal ein Anti-Depressivum.

Das Rumpelstilzchen, immer mal wieder latent angriffslustig, blitzte dennoch oft genug aus Hans hervor. Zwischenzeitlich war er in Afrika und Kolumbien unterwegs gewesen. Auf Brautschau. Erfolgreich übrigens. Andere Männer seines Alters pflegen eher ihre Münzsammlung, delektieren sich an sattschwarzen Konto-Ziffern oder freuen sich, wenn ihre erste oder maximal zweite Gattin sie in rückenschonenden Sesseln „einfach mal nur in Ruhe sitzen“ lässt. Das Glück kann so simpel sein. Für Hans, den unverbesserlichen, stets eroberungswilligen Stenz war das nix. Ein stiller Flaneur an der Leine oder in den Herrenhäuser Gärten wäre er nicht geworden.

Der Herzinfarkt ereilte ihn mittenmang, mit 71; kein Siechtum, immerhin. Direkter Abgang, stiller Abtrag. Wie man hört, wird ein Baum sein Freund für die Ewigkeit. Ganz ohne Erdmöbel.

Ich selbst habe die Nachricht seines Dahinscheidens zunächst relativ sachlich wahrgenommen. Tags darauf trieb sie mich um. Man hakt den Verlust eines solch langjährigen Wegbegleiters und in diverser Hinsicht prägenden Menschen eben nicht einfach ab. Gut so.

„Ein Mann ohne Visionen“, hatte Moser gerne zitiert, im Widerspruch übrigens zu Deutschlands grandiosestem und weisestem Raucher, der bei derartigen Anwandlungen bekanntlich den Arztgang empfahl, „ein Mann ohne Visionen ist wie ein Meer ohne Wasser“. Diesem Aphorismus ist nichts hinzuzufügen. Außer vielleicht eine Lord Extra. Farewell!
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07/2016, © Falk Siemering by Courtesy of SX Kowalski

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